Dammmassage - Ja oder Nein?
Sep 05, 2025
In ihrer Schwangerschaft werden Frauen häufig dazu ermutigt, ab etwa der 34. Schwangerschaftswoche, ihren Damm zu massieren, um das Risiko des Reißens unter der Geburt zu verringern.
In diesem Artikel möchte ich mit dir nicht so sehr über die Effektivität der Dammassage unterhalten (dazu mehr in meinem Ebook "Geburtsverletzungen natürlich ohne Nähen heilen" ), sondern vielmehr über das, was Frauen unter Umständen dadurch suggeriert wird.
Wird hier den Frauen eventuell suggeriert, dass der Körper ohne Training und Hilfe nicht weiß, wie er sich richtig öffnen soll? Suggeriert es nicht auch, dass das Reißen etwas ist, was vermieden werden sollte, wogegen die Frau anarbeiten muss? Manifestiert es auch, dass das Reißen nicht nur etwas ist, was vermieden werden sollte, sondern dass es etwas Unangenehmes und Schmerzvolles ist. Was es nicht unbedingt für jede Frau sein muss (auch wenn jede Frau natürlich ein anderes Empfinden hat und man oder ich niemals sagen würde, dass es für absolut keine Frau schmerzhaft sein wird, auch wenn es bei einer physiologischen Geburt sehr unwahrscheinlich ist).
Manchmal kann das ein Gefühl der Verzweiflung erzeugen. Manche Frauen empfinden diese Massage als sehr unangenehm, machen es aber trotzdem, da man ihnen ja gesagt hat, dass es notwendig sei. Auch hier wird also das Gefühl der Frau für ihren eigenen Körper und eventuelle Warnsignale des Körpers von einem System überschrieben, das die Intuition, Selbstbestimmtheit und Autorität der Frau über ihren eigenen Körper um jeden Preis untergraben will. Das Dehnen der Yoni zur Geburtsvorbereitung hat tatsächlich wenig Einfluss auf das Vaginalgewebe, da es praktisch unmöglich vorherzusagen ist, wie der Körper die Geburt erleben wird. Wenn eine Frau sich entscheidet, diese Massage durchzuführen, und sie am Ende reißt, kann ein anhaltender Selbstvorwurf entstehen, dass die Übung vielleicht falsch oder nicht genug durchgeführt wurde. Und im Gegensatz dazu: Die Frauen, die sich dafür entschieden haben, vor der Geburt keine Dammmassage zu machen, und dann aber unter der Geburt reißen, könnten in einer ähnlichen Situation landen und sich auch hier wieder Vorwürfe machen. Diesmal nur, dass sie eben die Dammmassage gar nicht gemacht haben und dass sie natürlich deswegen gerissen seien. Zusätzlich zur Massage sind Frauen entsprechenden Produkten, wie Ölen, Sprays und Tees, ausgesetzt, die als Mittel gegen das Reißen und zur Unterstützung der Dammmassage beworben werden.
Wenn eine Frau diese Produkte verwendet und nicht reißt, wird das Produkt gutgeschrieben, nicht ihre Yoni. Wenn eine Frau diese Produkte ablehnt, könnte sie denken, dass ihr Körper versagt hat und dass die beworbenen Produkte das fehlende Teil waren. Alles in allem ein Teufelskreis, aus dem Frau nur schwer hinauskommt. Egal, wofür sie sich entscheidet. Darüber hinaus werden Frauen von Familie, Freunden und medizinischem Personal dafür gelobt, dass sie nicht reißen, was darauf hindeutet, dass die Geburt ein Erfolg war, weil es keine Risse und Wunden gab. Auch bei selbstbestimmten Geburten in der Klinik oder zu Hause oder im Geburtshaus habe ich schon oft genug die Aussage gehört: „Ich bin nicht einmal gerissen!“
Noch einmal: Was suggeriert uns das? Und wie beeinflusst es uns und das Bild von unserem Körper und schlussendlich auch die Geburt, die wir haben?
Es gibt kein Geheimrezept gegen das Reißen. Manche Frauen werden reißen und manche werden es nicht.
Und das ist ok.
LETZTENDLICH FÜHRT DIE PATHOLOGISIERUNG DES REISSENS UND DER KRAMPFHAFTE VERSUCH, FRAUEN DAVON ZU ÜBERZEUGEN, DASS DAS REISSEN SCHADHAFT IST UND DASS SIE IHRER VAGINA BEIBRINGEN MÜSSEN, SICH ZU DEHNEN, ZU EINEM VERSTÄRKTEN MISSTRAUEN GEGENÜBER IHREM KÖRPER UND DER UNWILLIGKEIT, ZUZULASSEN, DASS ER DAS TUT, WAS ER FÜR DAS BESTE HÄLT. DAS REISSEN IST EINE INTELLIGENTE FUNKTION IHRES KÖRPERS, DIE FRAUEN HILFT, IHRE BABYS ZU GEBÄREN UND IHNEN ZU MEHR RUHE IM WOCHENBETT VERHILFT.
Wichtig: Hier sprechen wir von einem physiologischen Reißen, das vom Körper unter physiologischen Umständen der Geburt von sich aus passiert. Oft hat das leider nichts mit dem zu tun, wie Frauen heutzutage Geburt und damit auch das Reißen erleben. Physiologisches Reißen bedeutet, dass eine Frau während einer physiologischen Geburt, ohne Intervention oder Anleitung des Pressens, meist in der aktiven Phase bzw. häufig so bezeichneten Pressphase, reißt. Es findet kein Einfluss von außen auf die Frau statt und die Geburt findet aus eigenem Antrieb statt. Hier kann es sein, dass es, als natürliche Reaktion des weiblichen Körpers, nötig ist, dem Baby mehr Platz zu schenken und es zu einem Riss kommt.
Immer wieder begegnen mir Frauen, die Angst haben, davor zu reißen. Eine kollektive Angst, die viele Frauen beschäftigt und die von der medizinischen (Geburtshilfe-)Gesellschaft geschürt wird. Und es begegnen mir auch diejenigen Frauen, die bei einer vorherigen Geburt genäht wurden, in vielen Fällen unnötigerweise, besonders bei Geburtsverletzungen geringen Grades, und die entweder, vor allem in der ersten Zeit nach der Geburt, aber auch manchmal, und leider viel zu oft, auch noch Monate und Jahre danach, Probleme mit ihrer Naht haben und häufig auch an Schmerzen leiden.
Das muss nicht sein. Und ist oft so unnötig, denn die meisten Geburtsverletzungen müssen nicht genäht werden und auch schwere Verletzungen können natürlich und ohne Naht heilen.
In meinem Guide "Geburtsverletzungen natürlich ohne Nähen heilen" gebe ich euch meine Gedanken und Erfahrungen zum Thema Reißen mit. Er ist speziell für die Frauen unter euch gemacht, die ihre Geburtsverletzungen natürlich heilen lassen wollen, die mehr über die Fähigkeiten ihres Körpers und die Fähigkeiten der Natur, den Körper dabei zu unterstützen, lernen wollen.